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"Das Herz entscheidet über Siege"

"Das Herz entscheidet über Siege"

Mit Mentaltraining auf Erfolgskurs.

Als Mentalcoach arbeitet er mit zahlreichen Spitzensportlern zusammen: Christoph Kleinbeck. Nach dem Aufgalopp der kleinen Interview-Reihe in der Vorwoche folgt nun der zweite Teil...

Er ist selbst in einer begeisterten Sportfamilie aufgewachsen „und lernte schon in frühen Jahren als Mittelstürmer und mehrmaliger Torschützenkönig im Fußball die Wichtigkeit des Teamgeistes kennen“, so Christoph Kleinbeck. „Als erfolgreicher Tennisspieler erlebte ich die Sportwelt aus den Augen eines ehrgeizigen Einzelsportlers.“ Im Zuge dessen faszinierten ihn „die körperlichen und psychischen Zusammenhänge schon mit 13 Jahren“, und er selbst entwickelte als junger Athlet seine allerersten eigenen Mentaltechniken. Nachdem er aufgrund einer schweren Hüftverletzung schon mit 20 Jahren seine Sportlerkarriere beenden musste und früh lernte, mit heftigen Rückschlägen umzugehen und gleichzeitig neue Wege zu gehen, schlug er eine überaus erfolgreiche Laufbahn als Mentalcoach ein. Heute ist Christoph Kleinbeck auf diesem Gebiet einer der angesehensten und erfolgreichsten Sport-Mentalcoaches weltweit. Wir haben mit ihm gesprochen. Hier gibt's den zweiten von drei Interview-Teilen...

 

Wie wichtig ist es für dich und deine Arbeit, dass du selbst mal ambitionierter Leistungssportler warst?

Kleinbeck: „Das ist eine sehr gute Frage. Früher hätte und habe ich darauf geantwortet, dass es gar nicht so wichtig ist, dass man die Sportart an sich auch ausgiebig kennt. Wenn du aber auf einem sehr hohen Niveau mit Leistungs- und Spitzensportlern arbeitest und du gar nichts von der jeweiligen Sportart kennst und weißt, dann hast du dieses Erlebnis nie gehabt. Nehmen wir mal als Beispiel das Tennis: Du hast noch nie einen Tiebreak, wo es wirklich eng ist und um jeden Punkt geht, oder um einen Titel gespielt, dann kannst du dich einfach nicht so sehr in diesen Moment reinfühlen. Für mich als Coach ist aber sehr wichtig, dass ich nicht meine eigenen Erfahrungen zur Rate ziehe, sondern das Ganze auf die Situation des jeweiligen Sportlers runter breche, so dass er seine eigenen Lösungen findet, um mental stark zu und gewappnet für die verschiedensten Situationen zu sein – und das eben auch mental.“

Inwieweit ist es denn für dich ein anderes „Arbeiten“, wenn man es mit einem Spitzen- oder einem Amateursportler zu tun hat?

Kleinbeck: „Wenn es darum geht, Ziele aufzustellen, ist es ein sehr ähnlicher Ablauf. Aber im Umgang miteinander ist es schon sehr anders, weil Spitzensportler davon leben und teilweise auch davon abhängig sind. Da herrscht eine andere Disziplin und es warten andere Herausforderungen, als bei einem Breitensportler, der es vielleicht nur aus Leidenschaft macht. Der Druck ist dann auch nicht so sehr da. Deshalb ist da dann auch in der Arbeit eher mal ‚Fünfe gerade sein lassen‘ an der Tagesordnung.“

Du kommst viel herum und arbeitest mit Spitzensportlern weltweit zusammen. Hier in Deutschland hat man immer noch den Eindruck, dass das Wort „Mentaltraining“ ein Stück weit negativ behaftet ist. Wie ist das im Vergleich zu anderen Ländern?

Kleinbeck: „Ich habe mich sehr viel und lange in den USA weitergebildet, kenne dort viele Kollegen und war selbst auf einigen Kongressen. Deshalb kann ich schon sagen, dass die Klienten dort sehr viel offener sind. Da ist es ganz normal, mit einem Mentaltrainer zusammen zu arbeiten – und das auch schon auf dem College, wo sich die Frage gar nicht stellt. Das ist ein Mentalcoach etabliert. Ich bin ja auch als Personal Trainer tätig – und war das auch schon, als das Personal Training an sich in Deutschland noch keiner kannte. Da war man in den USA genauso bereits einige Jahre im Vorsprung. Dort gehörte es zur Normalität, dass sich jemand, der gesund leben will, einen Personal Trainer anschafft. Das hat sich in Deutschland nach und nach entwickelt. Mittlerweile weiß jeder, was ein Personal Trainer ist – und man geht damit viel offener um.“

Und beim Mentaltraining ist es schon noch eine gewisse „Ego-Sache“?

Kleinbeck: „Da ist es in Deutschland schon noch so, dass es ein Thema ist. Gerade in den ‚männlicheren‘ Sportarten, wo das Ego eine große Rolle spielt und man sich sagt: ‚Ich darf keine Schwäche zeigen.‘ Ich merke aber auch in den letzten Jahren, dass die Leute offener dafür werden, weil sie ganz einfach wissen, dass sie nicht daran vorbeikommen, wenn sie erfolgreich und auf den vordersten Plätzen sein wollen.“

Wie lautet dein persönliches Ziel, wenn du ein Mentalcoaching mit einem Sportler beginnst?

Kleinbeck: „Mein persönliches Ziel ist immer, 100 Prozent für den Sportler zu geben. Dass ich mir später niemals vorwerfen kann, ich hätte keine 100 Prozent gegeben. Ich möchte den Sportler mental so stark machen, dass er für das, was er erreichen will, gewappnet ist. Und ich werde ihm das geben, was ich ihm mit all meinem Wissen geben kann.“

Welche Möglichkeiten gibt es, eine gewisse Nervosität vor Wettkämpfen zu drosseln oder zu regulieren?

Kleinbeck: „Wichtig ist zunächst einmal, zu wissen, dass Nervosität grundsätzlich nichts Negatives sein muss. Diese Nervosität in etwas Positives zu transformieren während eines Wettkampfes und dabei vielleicht Vorfreude zu verspüren, dass man gleich performen darf und nicht muss, um eine gewisse Lockerheit reinzubekommen, dafür gibt es eine ganz einfache Technik. Ich nenne sie ‚Tabularasa‘. In dem Moment, wo man beim Fußball den Rasen betritt oder beim Tennis die Türklinke beim Gang aus der Kabine betätigt, hilft es, sich vorher einen expliziten Satz bereit zu legen.“

Hast du da mal ein Beispiel für uns parat?

Kleinbeck: „Natürlich. Man sagt sich so etwas, wie: ‚Ab jetzt bin ich komplett frei und klar im Kopf.‘ Oder aber: ‚Ich freue mich, jetzt performen zu dürfen.‘ Genau das, was man braucht, um die Nervosität für sich in etwas Positives zu transformieren. Dieser Satz ist sehr individuell. Im Coaching finden wir den individuellen Satz, der zum jeweiligen Klienten passt, zu 100 Prozent. Man kann diesen Satz natürlich auch anpassen zu der jeweiligen Situation, in der sich der Sportler befindet und was er vielleicht gerade braucht.“

Wir hatten schon das Thema Positiv- und Negativ-Erlebnisse. Wie sollte man generell als Sportler mit Enttäuschungen oder Rückschlägen umgehen?

Kleinbeck: „Offen. Auch bei Niederlagen geht es um das Bewusstsein, dass sie einfach dazu gehören. Selbst ein Roger Federer oder ein Cristiano Ronaldo: jeder Superstar hat bereits schwere Niederlagen erfahren. Ich nehme mal ein Beispiel aus dem Tennis: Es gibt einen Spieler namens Roberto Bautista Agut, der im Jahr 2013 die Nummer 13 der Weltrangliste war. Er hat in diesem Jahr mehr Spiele verloren als gewonnen. Das heißt: Niederlagen dürfen sein. Wichtig ist, aus einer Niederlage zu lernen. Und sie sind perfekt, um zu lernen und weiterzukommen. Oft sogar besser als Siege, um das nächste Level zu erreichen.“

Man sagt ja immer, dass heutzutage im Sport ganz allgemein viel im Kopf entschieden wird. Wie groß ist wirklich der mentale Anteil während eines Wettkampfes?

Kleinbeck: „Ich persönlich mag diesen Satz nicht, dass ein Sieg im Kopf entschieden wird. Denn für mich entscheidet sich der Sieg im Herzen – und nicht im Kopf. Denn in dem Moment, wo du komplett mit dem Herzen und voller Leidenschaft, die du für den jeweiligen Sport hast, dabei bist, wenn du das auf den Platz bekommst und du selbst bist, dann ist das für mich ausschlaggebend für den Erfolg. Der Kopf kommt ganz automatisch in dem Moment, wo du mit Leidenschaft dabei bist, und ist ganz oft mehr das Hindernis, wenn nicht das Herz von Anfang funktioniert. Nämlich dann, wenn es eher das Gefühl ist: ‚Ich muss jetzt.‘ Und nicht: ‚Ich darf.‘ Deshalb ist dieser Satz für mich eher eine Floskel, die gerne genutzt wird.“

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